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Kelkheimer
Autoren*) laden ein zu
literarischen
Begegnungen auf dem Ost-West-Sofa
Die
siebte Lesung mit dem Thema
"Kreuzwege"
Bericht des Höchster
Kreisblatts vom 21.11.2003

Wenn sich Ost und West auf
dem Literatur-Sofa begegnen
Von Andreas Grösslein
Münster. Außergewöhnliche
Charaktere, eine faszinierende Umgebung sowie eine spannende Handlung –
Merkmale, die sowohl den Roman "Schrödingers Katharina oder
die Liebe am anderen Ende der Welt" von der Kelkheimer Autorin Regina Berlinghof
als auch das Werk "Ostkreuz" von Michael Meinicke beschreiben. Welche
Gemeinsamkeiten die beiden Bücher der unterschiedlichen Autoren
sonst noch haben, konnte man nun erfahren: Beide Autoren lasen im Rahmen
des "Ost-West-Sofas" aus ihren Werken.
Über zwanzig Besucher
waren der Einladung in den Kulturbahnhof Münster gefolgt. "In unseren
Büchern ist vor allem die Wüste der gemeinsame Nenner.
In Reginas Roman die tatsächliche Wüste, und bei mir die der
früheren Ostzone", hielt Michael Meinicke, der eigentlich aus
Ost-Berlin stammt und 1978 im Kofferraum eines Wagens in den Westen flüchtete,
zu Beginn seiner Lesung fest.
Sein Roman, der auf vielen
tatsächlichen Begebenheiten fußt, beschreibt sehr lebendig das
Leben der jungen Generation in der DDR in den siebziger Jahren und strotzte
geradezu vor Details über den Alltag im Sozialismus.
Die Ausschnitte, die er vorlas,
zeigten die tägliche Angst der Regimegegner vor Entdeckung, in deren
Kreisen sich Meinicke bewegte, und den stillen Widerstand gegen den
Überwachungsstaat, zeichneten aber auch ein Bild von einer Jugend,
die das Taschengeld von mehreren Monaten für ein Beatles-Poster
aus der Bravo aufwendete. Ausführlich beschrieb er die Arbeit in einem
Buchclub, in dem viele Gegner des Arbeiter- und Bauernstaates wirkten und
dort gegenseitig Gedichte verlasen. Doch nicht nur Regime-Gegner,
auch einige Mitglieder der Stasi waren dabei – und so wanderte Meinicke
schließlich für sieben Zeilen eines Gedichts zwei Jahre
ins Gefängnis.
Im Gegensatz zu Meinickes
Roman beruht Regina Berlinghofs Roman "Schrödingers Katharina oder
die Liebe am anderen Ende der Welt" nicht auf tatsächlichen
Begebenheiten. Allerdings kann man sich vorstellen, dass ihre Geschichte
auch irgendwann einmal in die Realität umgesetzt wird. Im Mittelpunkt
ihres Buches stehen die erfolglose Schriftstellerin Katharina und der Verleger
Kirdorf, der die Werke Katharinas ständig mit einer lapidaren
Begründung abweist. Irgendwann reißt der labilen Frau der Geduldsfaden
– und sie entführt den Verleger in die Wüste von Nevada
auf eine einsame Ranch. Ihre Motive sind klar: Wenn die Entführung
und die Erpressung klappt, ist sie endlich reich und hat genug Geld,
ein gutes Buch zu schreiben, und wenn sie ins Gefängnis kommt, hat
sie genug Zeit, einen Roman zu verfassen – und noch drei warme Mahlzeiten
am Tag kostenlos. Doch es funkioniert nicht so, wie sich das die
Autorin vorgestellt hat , denn aus der Entführung wird mehr: Eine
leichte Liebe entflammt zwischen den beiden Helden des Romans. Der
wird übrigens in Form zweier Tagebücher erzählt. Jeder der
beiden Charaktere führt ein Tagebuch , was dem Leser die Möglichkeit
gibt, die Gedanken beider zum selben Sachverhalt nacheinander zu genießen.
Die Begegnung auf dem Ost-West-Sofa
stand übrigens unter dem Motto "Kreuzwege" – ein Titel, der kaum besser
hätte gewählt werden können. Sowohl der Held des Romans
"Ostkreuz" als auch "Schrödingers Katharina" befinden sich auf einem
langen Leidensweg. Wie sich das Ende in den Romanen gestaltet, wollten
die Autoren allerdings nicht verraten, schließlich sollte die
literarische Kostprobe Appetit auf ihre Bücher machen .

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